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Salat Tradition

„Je mehr ich die Menschen kennen lerne, desto mehr liebe ich die Tiere.“

Die Geschichte des Salat ist auch ein wenig die Geschichte des Salers und irgendwie auch nicht. Charlotte Salat wird es uns später im Text selbst erklären.
Wir befinden uns im kleinen Örtchen Cussac, Département Cantal, in den Höhen der erloschenen Vulkane des Zentralmassifs. Man verzeichnet im Jahr 2018 124 Einwohner mit sinkender Tendenz. Auf 1070 Höhenmetern ließen sich Michel und sein Bruder Jean Salat vor vielen Jahren mit ihrem Hof nieder, um sich der Zucht der heimischen Rinderrasse der „Salers traite“, also der milchgebenden Salerskühe zu widmen. Sie führten damit eine lange Familientradition fort, die unweit dieses Ortes begonnen hatte. Charlotte, Michels Tochter, träumte schon als Mädchen davon, ihren eigenen Käse herzustellen.
Genau an dieser Stelle trennen sich Salers und Salat…
Salers und Cantal stehen für die Identität der landwirtschaftlich geprägten Auvergne. Während der Cantal es in die Regale der Supermärkte geschafft hat, ist der Salers zumindest wirtschaftlich unbedeutender: Es ist der einzige Käse mit einer AOP, der ausschließlich landwirtschaftlich hergestellt werden darf. Dies schränkt den Kreis der Hersteller deutlich ein. Zudem wird er nur aus der Milch von weidenden Kühen gewonnen, was für die Auvergne einen Zeitraum zwischen Mai und Oktober bedeutet. Klassisch halten die Bauern um die 50 Kühe, die an einem Tag ihre Milch für EINEN Salers geben. Eine Tomme, die nach der Affinage ca. 40kg wiegt.
Die Geschichte von Charlotte Salat und ihrem Hof, ihrer stolzen Herde von 110 milchgebenden Mutterkühen, ist auch die Geschichte einer Auseinandersetzung mit dem regulativen System der AOP. Ein guter Gedanke im Ursprung; es ging nach dem großen Phyloxera-Drama Anfang des 20. Jahrhunderts darum die wertvollen Produkte des Agrarlandes Frankreich international zu schützen und die Herkunftsregion zu stärken. Über die Einhaltung der strengen Regularien wacht sogar bis heute ein staatliches Institut: die INAO. Die Anmeldung zur AOP wird durch Interessensvertretungen, sogenannte Syndikate vollzogen. Diese nennen sich häufig „Syndikat zur Rettung von…“. Nun trug es sich im Falle des Salers offensichtlich so zu, dass das „Syndikat der Rettung des Salers (Käse)“ nicht die gleichen Interessen wie die zur Rettung des Salers (Rindes) vertraten. Einfacher: Der Salers-Käse muss nicht (mehr) von der Milch seiner Namensgeberin stammen! Viele Köche verderben den Brei.
Einzig der „Salers Tradition“ wird noch aus Milch der Salers-Kühe hergestellt…von, soweit meine Recherchen, von 3-4 Bauern.
Die Zweinutzungsrinder waren noch vor einiger Zeit vom Aussterben bedroht. Sie erfüllen alle Bedingungen, die eine wirtschaftlich interessante Rinderrasse NICHT erfüllen darf: Sie sind recht klein, tragen riesige Hörner (in Form einer Lyra) und geben ihre ohnehin geringe Milchration nur in Anwesenheit ihrer Kälber. Die Ration für den Menschen muss also mit der Ration für die Kälber geteilt werden.
Für die Herstellung eines hochwertigen Käses wiederum eignet sich die Rinderrasse hervorragend. Die Tiere sind gute Futterverwerter und liefern eine Milch mit sehr hohem Protein- und Fettgehalt.
Es bleibt wieder einmal festzustellen, dass man mit der Herstellung besonderer Lebensmittel nicht reich wird, zumindest nicht an Geld.
Bringen wir Charlotte wieder ins Spiel. Sie ist wohl kein Mensch, den man in eine Form pressen kann. Ihr Programm verträgt keine Regularien, sie macht ihre Arbeit so vorbildlich, dass sie in kein Raster passt.
Charlottes Käse sind Salers von Salers aus den Höhen des Cantal, die es eigentlich nicht mehr gibt. Und so erfand das Mädchen, das unbedingt einen eigenen Käse machen wollte - stolz und wenig modest- ihr eigenes Rad, dem sie ihren Nachnamen gab: Salat!
In nur vier Jahren gelang es ihr damit die besten Affineurs und die renommiertesten Restaurants zu erobern.
„Hört bitte auf, mich zu fragen, wo man meinen Salers kaufen kann, unser Käse ist in keinem Fall ein Salers!!“ schreibt Charlotte auf ihrer Facebook-Seite, die für einen Post auch mal 1200 Likes bekommt. Die Bäuerin beherrscht von der Aufzucht ihrer Tiere, über die Futterherstellung zum Melken, der Herstellung des Käses und der Affinage im eigenen Keller alle Schritte auf einem Hof. Chapeau, Charlotte!
Die frisch gemolkene Milch eines Melkdurchgangs wird in einen Kastanienholzfass in die Käserei gebracht. In diesem Fass gerinnt sie unter Rühren und wird danach in einem Leinen quaderförmig gepresst. Typisch für die Käseherstellung der Region, wird dieser schon recht trockene Bruch in feine Streusel gepresst, gesalzen und unter hohem Druck über mehrere Tage erneut gepresst. 2 Exemplare pro Tag werden auf dem Hof von Charlotte Salat hergestellt. Nach 6 Monaten kommen sie in den Handel. Jeder Käse trägt ihre Signatur.
Die graubraune, zerklüftete Kruste weist die Arbeit von (nicht schädlichen!) Milben auf und duftet fein nach einem feuchten Keller mit frischen Champignonnoten.
Die hellgelbe Krume ist mit Adern durchsetzt. Sie riecht nach frischer Milch und gleichzeitig fein aber deutlich säuerlich, fermentiert. Am Gaumen ist die Milchsäure ebenfalls präsent. Auffallend und angenehm wenig gesalzen weist der Käse leichte, unterdrückte Bitternoten auf, Türsteher im Mund, die sich bei längerer Verweildauer in Wohlgefallen auflösen. Freie Bahn für eine unbeschreibliche Komplexität aus Kräutern: Arnika, Anemonen, Löwenzahn, Enzian… der sommerlichen Flora des hohen Zentralmassifs, Haselnusstönen und Buttergeschmack, gepaart mit Champignonnoten bei Annäherung an die Kruste. Haptisch erleben wir eine Deautomatisierung am Gaumen: Die Erscheinung und der erste Biss evozieren einen Hartkäse, der im Mund mit einer erstaunlichen Leichtigkeit überrascht, fein am Gaumen zerbröselt und auf der Zunge schmilzt.
„Salat Tradition“ ist ein Eigenname, hinter dem große Energie und ein starker Wille stecken. Der Käse wird diesem Anspruch mehr als gerecht.

Besuchen Sie die Facebookseite der GAEC Salat, der Film von „Gueleton“ über Charlotte ist sehenswert.